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Segeln ist kein Teufelswerk (Bericht von Leonora Albrecht)


Und doch kann die Insel anders, können wir anders, geben uns nicht zufrieden mit der bloßen Aussicht auf die hübschen Bötchen in leicht schaukelnden Wellen. Wir brauchen mehr, der Nervenkitzel der rauen Wellen, einen steifen Wind in den Segeln, der erst so wirklich die Lebensgeister weckt. Das Adrenalin ist der eigentliche Grund, warum die Segler nach Sylt fahren, die schöne Aussicht ist auf dem Wasser sowieso viel schöner. Den Elementen ausgesetzt und doch ein Teil des Wassers wird den Widrigkeiten getrotzt.

Ich muss zugeben, dass meine erste Segelerfahrung mit Sylt im vergangenen Jahr mit einem Frau-über-Bord-Manöver endete, was dem Segelsport von mir nicht gerade Sympathiepunkte einbrachte. Und doch wurde ich diesen Sommer erneut von der Lust und dem Abenteuerwahnsinn gepackt, von der Idylle, von dem wunderschönen Wetter. Meine erste Segelstunde hatte ich dieses Jahr bei lauem Wind und dösendem Segellehrer. Er hat mir gezeigt, dass diese wunderbaren Boote zu bändigen sind. Auch bei mehr Wind und energetischeren Wellen habe ich mich raus getraut. Da kam ich zwar nass und salzig, aber auch mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht zurück an Land. Segeln ist also doch kein Teufelswerk und die Liebe der Segler zu ihrem Sport für mich immer mehr nachvollziehbar. Sylt ist ein Paradies mit tückischen Wellen und harten Winden, mit weichen Stränden und ewigblauem Wasser.


Bei mäßigem Wind und strahlendem Sonnenschein haben wir uns mit Topcats und Hobies auf nach Rantum gemacht. Seichte Wellen luden ein zum gemütlichen Segeln. Schichtweise wurde auf den Booten gesteuert und gedöst. Auch ich als unerfahrene Seglerin wurde probeweise an die Pinne gelassen. Mein Segellehrer Willi hat die Zeit zum Schlafen genutzt und mir nur die Anweisung gegeben „Immer Holger hinterher.“ Gesagt getan haben wir es tatsächlich mehr oder weniger heil nach Rantum geschafft und uns anschließend mit einem sehr leckeren Fischbrötchen belohnt. Auf dem ruhigen Rückweg durfte ich neben dem Steuern sogar Wenden und Halsen fahren und musste die Großschot bedienen. Mit der Zeit gingen die Bewegungen immer flüssiger. Allerdings hatte ich zeitweilig vergessen, dass wir nicht alleine auf dem Wasser sind und die Vorfahrtsregeln nicht beachtet. Beinahe kam es zu einem kleinen Zusammenprall, wenn ein aufmerksamer Segler nicht rechtzeitig die Leinen gezogen hätte. Es kann eben nicht immer alles auf Anhieb klappen.

Bei stärkerem Wind und ordentlichem Wellengang startete die nächste Tour einmal rund um Amrum, die sich als deutlich anspruchsvoller und adrenalinreicher herausstellte. Nach 30 Minuten Panik, als ich mich permanent fragte: „Warum zur Hölle mach ich das hier eigentlich?!“ und „Sind eigentlich alle Segler so verrückt, sich freiwillig in diese Wellen zu stürzen?“, begann ich allmählich Gefallen an der Tour zu finden. Als Vorschoterin musste ich bei den Wenden und Halsen dafür sorgen, die Fock umzulegen, während mein Vater Großschot und Pinne bediente und wagemutig im Trapez nur knapp über den schäumenden Wellen hing.


Auch wurde ich mit dem Prinzip der „Bremse“ vertraut. Nach einem Zwischenstopp auf Amrums wunderschöner Südspitze wollten wir auf der Ostseite am Strand in Hafennähe anlegen, um uns einen kleinen Snack zu genehmigen. Leichter gesagt als getan. Holger, Tourleiter und bestens vertraut mit den Tücken und Macken des Gebiets, warnte uns noch vor den Sandbänken in Hafennähe, besonders in der Kombination mit der Tide. Nichtsdestotrotz stießen gleich mehrere Segler mit ihren Ruderblättern auf den sandigen Grund und brauchten einen Moment, um wieder los zu kommen. Unser Boot allerdings lief nicht nur auf einer Sandbank auf, wir schafften es auch, so zwischen dem flachen Wasser und der starken Strömung stecken zu bleiben, dass wir minutenlang kaum vom Fleck kamen. Nach ewig langem Rangieren, Rudern und Gewichtverlagern schafften wir es dann doch unbeschadet an Land, wo die anderen schon warteten und das Spektakel natürlich mit angesehen hatte. Danach hatten wir uns tatsächlich etwas zu Essen verdient! Mit gefüllten Mägen ging es weiter zum letzten Zwischenstopp unserer Tour. Mit kurzen Schlägen sind wir die Ostseite Amrums zwischen den Priggen hindurchgekreuzt und genossen das Tempo in vollen Zügen. Als wir anlandeten, wartete bereits ein Schlauchboot am Ufer, um uns mit einem Anlegebier für die letzte Etappe vorzubereiten. Durchnässt, salzverkrustet und erschöpft war ein kaltes Bier bei strahlendem Sonnenschein eine willkommene Ablenkung vom Segeln. Als die Flaschen leer waren, haben wir auch die letzte Etappe und Angriff genommen und sind wieder zurück nach Hörnum gesegelt, wo ich endlich auch wieder festen Boden unter den müden Füßen hatte.

Für die Super Sail Sylt am nächsten Tag schien zwar wieder die Sonne, aber auch der Wind hatte nochmal zugelegt und machte den Seglern zu schaffen. Viele kenterten, was unter uns Zuschauern für reichlich Spektakel und die ein oder anderen Bedenken sorgte. Einige Segler beendeten vorzeitig den Wettkampf unter recht haarigen Bedingungen, und alle waren heilfroh, als auch der beschädigte Hobie heil mit seiner Besatzung wieder an Land kam. Doch trotz der schwierigen Bedingungen kam ein spannender und schön anzusehender Wettkampf zustande, der am Sonntagvormittag mit der Siegerehrung abgeschlossen wurde.

Dieses Erlebnis gäbe es nicht ohne die Bemühungen von Holger Povel und seinem SCC, die beide unermüdlich für einen (ent)spannenden Urlaub und tolle Wettkämpfe gesorgt haben. Für mich war es das zweite sehr schöne Mal auf der Nordseeinsel, und sehr gerne komme ich wieder zurück. Sylt ist etwas Besonderes. Nicht nur die Insel selbst, sondern auch das Cat-Festival in Hörnum. Bunte Segel vor leuchtend blauem Wasser; strahlende Sonne und salzige See.

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